Geschichte

Geschichte des Corps Frisia

Das heutige Corps Frisia in Braunschweig hat zwei Wurzeln:

Das Corps Frisia in Breslau

Am 08. Mai 1881 wurde von 7 Studenten der „WissenschaftlichPharmazeutische Verein an der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Breslau gegründet. Vorläufer dieser Verbindung gehen bis auf das Jahr 1859 zurück. Der WissenschaftlichPharmazeutische Verein“ entwickelte sich im Laufe der Jahre zur Verbindung „Frisia“ und diese trat 1912 als Corps dem Rudolstädter Senioren Convent (RSC) bei. Nach dem 1. Weltkrieg übersiedelte das Corps an die Technische Hochschule Breslau und wurde 1920 in den Weinheimer Senioren Convent (WSC) aufgenommen. Aufgrund der politischen Verhältnisse wurde das Corps 1935 aufgelöst, der Zusammenhalt der Corpsbrüder jedoch blieb erhalten.Trotz des Verlustes vieler Corpsbrüder, von Heimat und Hochschule bestand sehr bald nach dem 2. Weltkrieg der Wunsch, das Corps an einer westdeutschen Hochschule zu restituieren. Mit Hilfe des Braunschweiger Corps Teutonia-Hercynia erfolgte am 28. April 1951 die Wiedergründung des Corps Frisia Breslau zu Braunschweig.

Das Corps Frisia in Frankfurt am Main

Nach dem 1. Weltkrieg wurden an der 1914 gegründeten Universität Frankfurt am Main hauptsächlich von Kriegsteilnehmern zahlreiche Verbindungen gegründet, darunter am 14. April 1919 die „Wissenschaftliche Verbindung Frisia“. Von 1920 bis 1921 gehörte diese Verbindung der Deutschen Wehrschaft an und wurde 1921 als Corps in den Rudolstädter Senioren Convent (RSC) aufgenommen. 1934 schloss sich der RSC dem WSC an, somit gehörte auch das Corps Frisia Frankfurt zum WSC. Im Jahr 1935 kam es ebenfalls zur Zwangsauflösung des Corps. Auch in diesem Falle blieb der Zusammenhalt der Corpsbrüder gewahrt, und nach dem 2. Weltkrieg bestand der Wille, das Corps wieder zu gründen. Die damaligen Verhältnisse in Frankfurt waren für eine Wiedergründung jedoch nicht sehr günstig, so wurden Verbindungen zum Corps Frisia aus Breslau aufgenommen, das an der damaligen Technischen Hochschule in Braunschweig restituieren wollte.

Das Corps Frisia in Braunschweig

Am 23. Juni 1951 war es dann soweit. Die beiden Corps, die zufällig den gleichen Namen hatten und zufällig die gleichen Farben trugen (wenn auch in umgekehrter
Reihenfolge) vereinigten sich zum Corps Frisia in Braunschweig. Der Aktivbetrieb wurde in einem Hinterzimmer der Schlachthof-Gaststätte „Fallerslebener Hof“ aufgenommen. Sehr bald konnte eine Etage im „Lindenhof“ angemietet werden. 1955 wurde das Corpshaus Adolfstrasse 2 erworben und nach einem Umbau 1956 anlässlich des 75. Stiftungsfestes eingeweiht. In der Folge wurde das Corpshaus mehreren Umbauten und Modernisierungen unterzogen. In den fast 50 Jahren, die seit der Wiedergründung vergangen sind, hat das Corps Höhen und Tiefen durchlebt. Einer dieser Höhepunkte war 1981 die Feier des 100. Stiftungsfestes, das zahlreiche alte und junge Corpsbrüder aus aller Welt, grösstenteils zusammen mit ihren Angehörigen, in Braunschweig vereinte und bei dessen Festakt in der Bilbliothek der Technischen Universität Domprediger Armin Kraft eine vielbeachtete Festrede hielt. Der gesellschaftliche Wandel in dieser Zeit, die mehrfachen Änderungen in Organisation und Studienordnungen an den Universitäten und das politische Umfeld zwangen das Corps immer wieder, sich mit diesen Entwicklungen auseinander zu setzen, Stellung zu beziehen und sich dem Wandel anzupassen, ohne jedoch corpsstudentische und frieseneigene Grundsätze aufzugeben. Der feste Zusammenhalt zwischen alten und jungen Corpsbrüdern erleichterte diese Aufgabe wesentlich. So stellt sich das Corps Frisia heute als moderne aufgeschlossenen studentische Verbindung dar, die mit Zuversicht das 21. Jahrhundert beginnt. (Quelle: 100 Jahre Corps Frisia, Braunschweig 1984) 

 

Entwicklung der Corps

Die Universitäten des Mittelalters waren nicht nach Studienfächern, sondern nach den Herkunftsländern der Studenten, den „Nationes“ gegliedert. Die Studenten mußten damals in sogenannten „Bursen“ wohnen. (daher die Bezeichnung „Bursche“ für Mitglieder von Studentenverbindungen)

Nachdem zur Zeit der Reformation die Unterteilung nach Nationes an den Universitäten allmählich aufgegeben wurde, schlossen sich die Studenten selbst zu Landsmannschaften zusammen (17. und 18. Jahrhundert), um ihre Interessen besser vertreten zu können. Sie wachten Über die Wahrung der Studentenehre und ahndeten Verstöße. Die Mitgliedschaft blieb damals auf die Studienzeit beschränkt.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden, in Anlehnung an freimaurerische Ideen, studentische Orden. Sie wählten ihre Mitglieder nach Eignung aus, ohne die landsmannschaftliche oder soziale Herkunft zu berücksichtigen. Sie führten das Lebensbundprinzip ein, d.h. die Mitgliedschaft auf Lebenszeit. Sie vertraten die Ideale der französischen Revolution und wurden deshalb vom Staat als Geheimbünde verfolgt und verschwanden bis 1800. Sie beeinflußten aber das Gedankengut späterer Verbindungen nachhaltig.

Um 1800 entstand eine neue Form studentischer Gemeinschaften. Von den Orden übernahmen sie die Idee des auf Lebenszeit geschlossenen Freundschaftsbundes und die Auswahl der Mitglieder nach Eignung, von den Landsmannschaften zunächst auch noch die gemeinsame landsmannschaftliche Herkunft (z.B. Bavaria, Frankonia, Saxonia) und die Farben. Die Bezeichnung war zunächst „Kränzchen“, sie wurden aber wegen ihrer Struktur von der Öffentlichkeit mit den Landsmannschaften gleichgesetzt. Da die Landsmannschaften für die Behörden ein rotes Tuch waren (1810 Verfolgung der Landsmannschaften wegen Untergrabung der Disziplin), suchte der SC nach einer Tarnbezeichnung. „Corps“ war damals eine für alle möglichen Personengruppen übliche Bezeichnung (z.B. Corps der Professoren, Diplomaten, Damen, Schüler). Von Heidelberg ging die Bezeichnung Corps 1811/12 nach Göttingen und verbreitete sich weiter. Die Corps vertraten vaterländische Ideen, ohne sich direkt politisch zu betätigen. Sie wollten die Studentenehre bewahren und ihre Mitglieder zu ehrenhaften, ritterlichen deutschen Bürgern erziehen. Bereits die ersten Corps waren demokratisch aufgebaut. Die Entscheidungen wurden im Convent, der Versammlung aller Corpsangehörigen, getroffen. Die Mitglieder wählten für jedes Semester aus ihrer Mitte einen Senior, der das Corps leitete und nach außen vertrat. Aus den farbigen Abzeichen der Nationes und alten Landsmannschaften und den Ordensbändern der studentischen Orden entstanden bei den Corps das noch heute übliche Brustband und die Studentenmütze. Die Corps setzten auch das studentische Fechten fort. Das Fechten war seit Jahrhunderten in Deutschland Volksbrauch. Aus dem ungeregelten, spontanen Zweikampf, dem Duell, entwickelte sich bei den Corps nach und nach die Bestimmungsmensur, ein Fechten nach festen Regeln.

Die Corps gewannen rasch an Einfluss an den Universitäten. Die Senioren der örtlichen Corps bildeten einen Seniorenconvent (SC) und stellten Regeln für das Zusammenleben der Studenten auf: den Komment. Der SC überwachte die Einhaltung des Komment und vertrat vielerorts die Studentenschaft gegenüber Behörden und Bürgern.

1815 wurde die erste Burschenschaft gegründet. Ihr Ziel war die Abschaffung der Einzelverbindungen und der Zusammenschluß aller Studenten in einer „Urburschenschaft“. Die Corps standen der Idee einer einheitlich politisierten Studentenschaft jedoch kritisch gegenüber und bewahrten ihre eigenständige Linie. Auch dadurch wurde die Bezeichnung Corps weiter verbreitet. Dennoch traf das Verbot der Burschenschaften in den Karlsbader Beschlüssen von 1819 auch die Corps. Es lösten sich Phasen stillschweigender Duldung und scharfer Verfolgung ab.

Nach 1848 erlebten die Corps einen starken Aufschwung. Es bildeten sich die beiden großen corpsstudentischen Verbände: der Kösener Senioren-Convents- Verband (KSCV) an den geisteswissenschaftlichen Hochschulen (gegr.: 1848) und der Weinheimer Senioren-Convent (WSC) an den technischen Hochschulen (gegr.:1863).

Der Weimarer Republik standen die Corps loyal gegenüber. In dieser Zeit hatten die Corps den stärksten Zulauf seit ihrer Gründung. Auf die Ideen des Nationalsozialismus reagierten die Corps bzw. die einzelnen Mitglieder sehr unterschiedlich. Es fehlte zwar nicht an Warnern, aber viele der durchweg vaterländisch eingestellten Corpsstudenten waren angesichts der damaligen wirtschaftlich schlechten Lage für die Ziele der Nationalsozialisten. Das fährte schon bald zu krassen Meinungsunterschieden innerhalb der Dachverbände, was ein gemeinsames Handeln immens behinderte. Es gab heftige Auseinandersetzungen mit dem NSDStB und der damaligen politischen Führung, insbesondere als die Nationalsozialisten versuchten, die Corps für ihre Zwecke in das totalitäre System einzugliedern.

Als den Nationalsozialisten klar wurde, daß sie die Korporationen nicht als Ganzes in den „Gleichschritt der deutschen Nation“ einreihen konnten, versuchten sie 1935 durch das allgemeine Korporationsverbot, sich der unkontrollierbaren Gemeinschaften zu entledigen.

 

Herkunft der Fuchsia

Zunächst wurde jedem Corps auf Vereinbarung ein Rekrutierbezirk (Keilbezirk) zugewiesen, d.h. ein bestimmtes geographisches Gebiet, in dem sie Nachwuchs werben (keilen) durften. (landsmannschaftliches Prinzip): z.B. Franken für Frankonia, Westfalen für Guestphalia. Damals waren die CB während des gesamten Studiums aktiv, sie hatten sofort nach der Aufnahme Sitz und Stimme im Convent. Die Anzahl der Vollmitglieder war begrenzt. Es gab außerdem eine große Zahl ( über 100) von sogenannten Rennoncen (der Status ist vergleichbar mit den heutigen Verkehrsgästen). Aus dieser Gruppe wurde der Nachwuchs ausgewählt. Gegen einen Beitrag wurde man als Außenstehender Rennonce, d.h. man erwarb das Recht für den Besuch von Veranstaltungen, des Fechtbodens und die Benutzung der Mensurausrüstung im Ernstfall (Waffenschutz). Starke Rennoncenschaft bedeutete gute Stellung eines Corps. Seit dem 2. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts bekamen die Rennoncen zweifarbige Bänder, einige wurden sogar philistriert (Rennoncenphilister). Nichtkorporierte Studenten wurden z.B. als „Finken“, „Wilde“ und „Kamele“ bezeichnet. Durch das Entstehen der Burschenschaften kam es zu einem Rennoncenrückgang, es entwickelte sich allmählich das heutige Fuchsenwesen.

Fuchs (urspr.: Fux) – lat.: faex: Hefe, Abschaum
Rennonce – frz.: renoncer – verzichten, hier: Verzicht auf die aktive Teilnahme

 

Zukunft der Corps

Der gesellschaftliche Wandel in dieser Zeit, die mehrfachen Änderungen in Organisation und Studienordnungen an den Universitäten und das politische Umfeld zwangen das Corps immer wieder, sich mit diesen Entwicklungen auseinander zu setzen, Stellung zu beziehen und sich dem Wandel anzupassen, ohne jedoch corpsstudentische und frieseneigene Grundsätze aufzugeben. Der feste Zusammenhalt zwischen alten und jungen Corpsbrüdern erleichterte diese Aufgabe wesentlich. So stellt sich das Corps Frisia heute als moderne aufgeschlossenen studentische Verbindung dar, die mit Zuversicht das 21. Jahrhundert beginnt.